2009-10: Schwarz-Gelb: Barrierefreier Datenzugang
Die nächsten vier Jahre Bundespolitik werden spannend: Die Mehrheit des Bundestags besteht nun aus CDU/CSU und FDP, die recht unterschiedliche Ansichten zu Persönlichkeitsrechten, Datenschutz und Informationssicherheit vertreten. Die Süddeutsche Zeitung formuliert es in ihrer Ausgabe vom 1. Oktober 2009 so: „Beim Thema Innere Sicherheit verbindet die CDU/CSU und die FDP rein gar nichts. Es gibt keine gemeinsamen Elemente. Man nennt das eine leere Menge“.
Die große Frage ist nun, wie diese leere Menge gefüllt werden wird und wer sie füllen wird. Auf der einen Seite steht die CDU, die sich in den letzten Jahren, ja schon Jahrzehnten, um den Aufbau einer leistungsfähigen Überwachungs-Infrastruktur sehr verdient gemacht hat. Allen voran der Innenminister, der mit großem Eifer alle verfügbaren Daten über uns Bürger hortet, dicht gefolgt von einer Familienministerin, die – unter dem Deckmäntelchen des Kinderschutzes – fanatisch die Zensur-Infrastruktur für das Internet voran treibt.
Auf der anderen Seite die FDP – tief gespalten in der Frage des Datenschutzes. Vertreten von der liberalen ehemaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberg, die derzeit wieder für das Amt der Justizministerin gehandelt wird. Sie trat 1995 von ihrem Amt zurück, da sie den Beschluss des Großen Lauschangriff nicht mit verantworten konnte und wollte. Eben diese große Attacke auf die Bürgerrechte beschloss jedoch eben jene FDP mit, die in ihrem aktuellen Wahlprogramm die Bürgerrechte stärken will. Da sich ein sinnvoller Datenschutz jedoch für so manches Unternehmen als belastend und hinderlich erweisen kann, ist zu befürchten, dass FDP-Frontmann Guido Westerwelle diese Maßnahmen seinen Wirtschaftslieblingen gerne ersparen würde.
Darf der deutsche Bürger von der neuen Koalition also eher erwarten, dass seine Rechte auf Schutz der persönlichen Daten künftig besser gewahrt werden? Oder bedeutet Schwarz-Gelb einen weitgehend „barrierefreien Zugang“ der Regierung auf alles was Bürgerdaten heißt?
Ich persönlich befürchte, in der Konstellation Schwarz-Gelb wird es eher nichts mit dem Abbau bundesweiter Datenbanken, in denen Steuernummern, DNA, Verbrecher, Verdächtige, Telefonverbindungs- und Stammdaten en masse erfasst werden. Alles auf Vorrat, alles für alle Fälle. Man weiß ja nie, wer der nächste Bösewicht ist. Jeder ist verdächtig!
Ich glaube deshalb nicht an einen verbesserten Datenschutz, weil man die Chance verstreichen ließ, die sich angesichts der Skandale bei Bahn, Telekom, Lidl, Schlecker oder Deutscher Bank eröffnet hat, die Initiative zu ergreifen. Damals wäre das Eisen heiß, die Vorfälle frisch und die Stimmung günstig gewesen, Verbesserungen des Datenschutzes durchzusetzen. Doch die Furcht der unternehmensnahen Flügel der großen Koalition war zu groß, ihrer wirtschaftliche Klientel zu vergrätzen. Mit der FDP in der Regierung werden diese Unternehmen wohl noch mehr Gehör finden.
Schwarz-gelb bedeutet im Tierreich übrigens „Vorsicht, gefährlich“! Für den Datenschutz, befürchte ich, gilt dasselbe.