2011-09: Kommerz über Recht - FDP, die "Gefällt-mir"-Partei
Manuel Höferlin warnt vor vorschnellen Verboten, die Social-Netzwerk-Betreibern die Geschäfte vermasseln könnten. Er plädiert dafür, den Facebook-Nutzern selbst die Verantwortung aufzubürden, sich darum zu kümmern, ob ihre Daten getrackt werden oder nicht. Stichworte "mündiger Bürger" und "das Recht anzupassen": Der "Gefällt-mir“-Knopf muss bleiben, ohne Wenn und Aber, ohne Strafen und EInschränkungen. Facebook und Co. müssen weiterhin persönliche Userdaten nach Lust und Laune ohne Erlaubnis abgreifen und damit Geld verdienen dürfen. Vermutlich ist sonst der Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet.
Ganz schön frech, denn im Klartext heißt das: Der "Netzexperte" der FDP stellt die Interessen von Facebook über das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht. Ich finde den Vorschlag schlicht unerträglich, das "Recht anzupassen", nur damit "Soziale Netze", also kommerzielle Unternehmen, weiterhin Profile von Benutzern sammeln dürfen.
Und die Forderung, den User eigenverantwortlich in die Pflicht zu nehmen, ist wohl eher eine Zumutung als die Anerkennung der Bürgerrechte: Unterbinden lässt sich das Tracking der persönlichen Daten nämlich nur mit Tools wie "NoScript" und "RequestPolicy". Wer also nicht will, dass Facebook seine Daten sammelt, muss auf jeder Site Javascript und RequestPolicy anpassen. Er muss also einen großen Aufwand betreiben und auch ein passables technisches Wissen mitbringen, damit er sein informelles Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen kann. Viel Spaß dabei!
Wenn Herr Höferlin also den „mündigen Surfer“ fordert, dann ist das nichts weiter, als eine faule oder unüberlegte Ausrede, um den kommerziellen Interessen von Facebook (und anderen sozialen Netzen) zu Willen zu sein. Wer eine Website betreibt, ist nun mal ein "Anbieter" (eines Telemediendienstes) und kein „Benutzer“ mehr. Er steht damit auch in der Pflicht, den Datenschutz zu wahren und kann diese Verantwortung nicht als Schwarzen Peter alleine Facebook zuschieben.
Daten geschenkt statt Datenschutz
Mag ich auch riskieren, als ewig Gestriger zu gelten: Ich bin der Meinung, dass die Kommunikationsmanager von Firmen gut daran tun, zwischendurch mal darüber nachzudenken, welchen Nutzen ihr Unternehmen von einem "Gefällt-mir“-Button von Facebook hat und wo sie ihn platzieren. So gesehen bei einer nürnberger Bank -- ausgerechnet einer Bank, höchst sensible Institute, die Hundertausende Euro für Compliance und Datenschutz ausgeben.
Den Bankkunden empfängt, wenn er sich fürs Online-Banking anmeldet, der Text: „Unser Serviceteam für Onlinelösungen möchte Sie umfassend betreuen und informieren. Um dies schnell und direkt zu tun, wurde eine eigene Facebookseite gegründet [...]. Eine Anmeldung bei Facebook ist nicht erforderlich, trotzdem können Sie Informationen lesen und wie gewohnt unser Onlinebanking nutzen.“ - und der „Gefällt-mir“-Knopf. Nichts gegen Service-Meldungen auf der Seite. Aber die sieht nur, wer Javascript aktiv hat, denn sie kommen bereits von Facebook. Weshalb nicht vom eigenen Webserver der Bank? Und weshalb die Bank Facebook freiwillig die Information verkauft, nein sogar verschenkt, dass ihr „Benutzer 123456 das Onlinebanking unsere Bank besucht hat“, ist mir ein Rätsel. Wenn Facebook da nichts daraus macht, selber schuld.